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Präsident des FC St. Gallen verliert Millionen wegen unseriöser Marketingagentur

veröffentlicht am Montag, 21.09.2015

St. Galler Tagblatt, Rheintaler, Thurgauer Zeitung, Appenzeller Zeitung, und div. Tagblatt-Kopfblätter


www.tagblatt.ch/aktuell/sport/fcsg/Doelf-Fruehs-verlorene-Millionen;art33792,4363969

Dölf Frühs verlorene Millionen

Fusballspiel Brasilien gegen Bosnien-Herzegowina Zoom

Brasiliens Starensemble im Frühling 2012 in der AFG Arena im Testspiel gegen Bosnien: Der FC St.Gallen hoffte auf ein gutes Geschäft mit der Seleção - vergebens. (Bild: Urs Jaudas )

FUSSBALL. Der Präsident des FC St.Gallen hoffte, mit der brasilianischen Nationalmannschaft Geld zu verdienen. Den Gewinn wollte er dem Verein zukommen lassen. Mit dem Konkurs des Sportvermarkters Kentaro erlitt dieser Plan Schiffbruch.

Jürg Ackermann

Vom einstigen Glanz von Kentaro ist nicht mehr viel übrig. Im Zentrum von Mels steht noch ein lottriger Briefkasten mit dem Schriftzug des Sportrechtevermarkters – in einem ebenso abbruchreifen Haus. Was für ein Kontrast zu früher: Kentaro machte zu den besten Zeiten 100 Millionen Franken Umsatz und beschäftigte 100 Leute. Die Chefs liessen sich in Bentleys herumchauffieren. Die einst in Wil domizilierte Firma hatte während Jahren die brasilianische Nationalmannschaft unter Vertrag. So organisierte sie das Trainingslager der Seleção in Weggis 2006 unmittelbar vor der WM in Deutschland.

Wie der «Sonntags-Blick» gestern berichtete, hoffte auch der FC St.Gallen auf ein gutes Geschäft mit der brasilianischen Nationalmannschaft. Nach der aufwendigen Rettung des Vereins versuchte Präsident Dölf Früh 2011, neue Geldquellen zu erschliessen. Die Firma Kentaro und ihr umtriebiger Chef Philippe Huber kamen wie gerufen.

Versprechen und Lügengebäude
Der Sportvermarkter versprach mit der Beteiligung an fünf hochkarätigen Testspielen der Seleção, die zum Teil in St.Gallen hätten stattfinden sollen, einen garantierten Gewinn von mindestens 1,5 Millionen Franken. Die Bedingung: Früh und ein weiterer Investor mussten acht Millionen Franken als Darlehen vorstrecken, ehe der erste Ball rollte. Eines der fünf versprochenen Spiele, Brasilien gegen Dänemark im Mai 2012 in Hamburg, fand tatsächlich statt. Der Rest war heisse Luft. Bald danach hatte Kentaro die lukrativen Rechte am brasilianischen Team verloren und war nicht mehr willens oder fähig, den Vertrag mit der FC St.Gallen Event AG einzuhalten. Es folgten viele leere Versprechen und halbgare Geschichten, die sich als Lügengebäude entpuppten.

Nach dem ersten Brasilien-Spiel in Hamburg hatte Kentaro tatsächlich 2,5 Millionen Franken des Darlehens zurückgezahlt, was bei Früh die Hoffnung weckte, es komme vielleicht doch noch alles gut. Vergebens. Das eingeschossene Geld hatten die Kentaro-Manager wohl für andere Zwecke verwendet. Die Firma ist mittlerweile in Konkurs. Der persönliche Verlust Frühs beläuft sich auf 3,5 Millionen Franken, sein Investoren-Kollege verlor zwei Millionen. Die FC St.Gallen Event AG erlitt keinen Schaden, weil das Geld ausschliesslich von Früh und seinem Partner stammte.

«Ein grosser Fehler»
Der Präsident und der damalige CEO des FC St.Gallen, Bill Mistura, überprüften wegen Zeitdrucks die Plausibilität der vorgelegten Businesspläne von Kentaro nicht mehr. «Wir vertrauten auf das Urteil von Personen, die Kentaro und dem FC St.Gallen nahe standen. Ich bin als Unternehmer gewohnt, Risiken einzugehen. Aber hier war das im nachhinein ein grosser Fehler», sagte Früh gestern auf Anfrage. «Der Gewinn dieser Investition wäre allein dem Verein zugute gekommen.» Früh stellte zudem klar, dass das 2012 ausgetragene Testländerspiel in der AFG Arena zwischen Brasilien und Bosnien-Herzegowina nicht Bestandteil des Vertrages war.

Einiges bleibt in dieser verworrenen Geschichte offen, insbesondere auch die Rolle des damaligen VR-Präsidenten von Kentaro, Ruedi Stäger, der jetzt den FC Luzern präsidiert. Für die fragwürdigen Geschäfte will Stäger jedoch keine Verantwortung übernehmen.

Für Experten ist es dennoch schwer nachvollziehbar, wie St.Gallens Präsident Kentaro so stark vertrauen konnte. «Die Firma befand sich 2011 auf dem absteigenden Ast. Das war in Sportvermarktungskreisen bekannt. In einer solchen Situation acht Millionen vorzuschiessen, grenzt an Naivität», sagt Sportmanager und SVP-Nationalrat Roland Büchel.

In Fifa-Skandal verwickelt
Derweil wehrt sich Kentaro gegen den durch das Kreisgericht Wil verhängten Konkurs. Zudem ist die Firma in den Fifa-Skandal verwickelt. Es gilt als sicher, dass beim vom Kentaro organisierten Testspiel zwischen Brasilien und Argentinien 2010 in Doha Millionen Schmiergelder an die Verbandspräsidenten der beiden Länder flossen – mit dem Ziel, die WM 2022 in den Wüstenstaat zu holen.

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