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Schliessungen von Botschaften und Konsulaten - Auslandschweizerorganisation ASO und Büchel wehren sich
veröffentlicht am Samstag, 08.08.2015
TagesAnzeiger und TagesAnzeiger online, Basler Zeitung online, Bund online, 24heures, andere Zeitungen schweizweit
www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Die-Schweiz-muss-ihr-dichtes-Aussennetz-lichten/story/16614033
http://avenue.argus.ch/avenue20153/Q3/1095889/58701918.pdf
Die Schweiz lichtet ihr dichtes Aussennetz
Das EDA will erstmals seit 20 Jahren eine Botschaft schliessen. Das Unverständnis ist gross.
Es wäre die erste Botschaft seit 1996, die geschlossen wird: Setzt Bundesrat Didier Burkhalter seine Sparpläne durch, bedeutet dies das Ende für die Vertretung in Paraguay. Die Konsularabteilung wurde bereits 2012 nach Buenos Aires verlegt, nun soll auch der verbliebene Botschafter abgezogen werden. Das Unverständnis ist gross.
«Die Schweiz, die nicht in der EU eingebunden ist, muss selber ein dichtes bilaterales Netz aufrechterhalten», sagt Walter Suter, 1989 bis 1995 Chef der Vertretung. Sie solle sich nicht nur um Konflikte kümmern, sondern auch um ihre Freunde. Gerade in der UNO sei sie auf deren Stimmen angewiesen, und Paraguay koste sie nicht viel.
Auch die Aussenpolitische Kommission sprach sich gegen die Schliessung aus – nicht zuletzt auf Betreiben ihres Vizepräsidenten, SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel. Er hat schon das Aus der Botschaft in Guatemala verhindert.
Es wird nicht die letzte Schliessung sein, die in Bern diskutiert wird; der Bund kann sich sein heutiges Aussennetz mit bester Abdeckung nicht mehr leisten. Weil die Steuereinnahmen vergangenes Jahr richtiggehend eingebrochen sind, müssen sämtliche Departemente sparen, auch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). «Die Einsparungen erfordern Anpassungen im Aussennetz», bestätigt es schriftlich. Wie hoch sie ausfallen, bestimme letztlich das Parlament in der Budgetdebatte Ende Jahr.
503 Millionen Franken pro Jahr
Die Schweiz unterhält heute ein Aussennetz mit 170 Vertretungen, darunter 104 Botschaften und 20 Generalkonsulate. Wo immer sich im Ausland Schweizerinnen und Schweizer niederlassen oder Ferien machen, sie finden vielerorts eine Anlaufstelle vor, wenn sie einen Pass brauchen oder Hilfe in der Not. Der Bund lässt sich das Netz 503 Millionen Franken pro Jahr kosten.
Es wird der weltweiten Entwicklung folgend laufend umgebaut, in den vergangenen Jahren aber wurde es auch ausgedünnt: Vor allem Konsulate oder Konsularabteilungen von Botschaften wurden geschlossen, Eröffnungen gab es nur wenige zu feiern. Eine Botschaft nimmt einfach gesagt die zwischenstaatlichen Interessen eines Landes wahr, ein Konsulat die Interessen seiner Bürgerinnen und Bürger, indem es Dienstleistungen für sie erbringt.
Vom Abbau sind insbesondere Auslandschweizer betroffen. Jene in Ungarn oder Kroatien müssen heute nach Wien reisen, wenn sie einen Pass brauchen; die Konsularabteilungen ihrer Botschaften wurden geschlossen, zurück blieb ein «Laptop-Botschafter», wie es despektierlich heisst. In Deutschland wurden gleich mehrere Konsulate geschlossen. Und die Verbliebenen sind personell oft unterbesetzt, wie Elisabeth Michel sagt, Präsidentin der Dachorganisation der Schweizer Vereine in Deutschland. Das habe zur Folge, dass Ratsuchende vermehrt bei Schweizer Vereinen Unterstützung suchten. Den Abbau bekämen vor allem Ältere zu spüren. Manche Dienstleistungen würden nur noch über das Internet angeboten, was viele überfordere.
Das Vorgehen des EDA wird von Ariane Rustichelli, Co-Direktorin der Auslandschweizer-Organisation (ASO), kritisiert. Es käme vor, dass Vertretungen aufwendig instand gesetzt und nach einigen Jahren wieder geschlossen würden, etwa die Konsulate in Edinburgh oder Dresden. «So geht Geld verloren, das man besser hätte einsetzen können.» Sie hat den Eindruck, dass heute vor allem wirtschaftliche Interessen bestimmten, wo eine Vertretung eingerichtet wird, die Zahl der Auslandschweizer hingegen kaum eine Rolle spiele. «Aber auch sie haben ein Recht auf die Dienste der Schweiz. Man darf sie nicht als 2.-Klasse-Bürger behandeln.»
Nationalrat Roland Rino Büchel hingegen sagt, das ohnehin dichte Netz in Europa hätte man eher ausdünnen können – nur nicht jenes ausserhalb. So könne eher auf ein Konsulat in Venedig verzichtet werden, wenn die Auslandschweizer dann von Mailand aus betreut würden, als auf eine Botschaft wie diejenige in Paraguay.
Das Passbüro kommt vorbei
Das EDA schreibt, es passe das Aussennetz laufend der weltweiten Entwicklung an. Dabei berücksichtige es die Beziehungen zu anderen Ländern, die Entwicklungszusammenarbeit und die Interessen der Auslandschweizer. Sie hätten auch in Ländern, wo es keine Konsulate gebe, viele Möglichkeiten, einen Pass zu beantragen, etwa bei den mobilen Passstationen, die dort jedes Jahr haltmachten, auf Reisen in jedem Passbüro in der Schweiz und in jedem Konsulat weltweit.
Um die knappen Mittel effizient einzusetzen, schliesst das EDA sogenannte Co-Locations-Verträge ab und teilt mit anderen Ländern die Liegenschaft, mit den Niederlanden etwa die Botschaft in Oman. Absichtserklärungen hat es auch mit Dänemark, Neuseeland und Österreich unterzeichnet – mit Ländern, die ähnliche politische Ziele verfolgen und der Schweiz kulturell nahe sind.
Auch wenn das Aussennetz weiter ausgedünnt werden sollte, die Nachfrage danach wird nicht sinken: Die Zahl der Auslandschweizer ist zwischen 2010 und 2014 von 695 101 auf fast 750'000 Personen gestiegen, die Zahl der Schweizer, die ausserhalb Europas unterwegs sind, von 1 auf 1,2 Millionen.
(Tages-Anzeiger)