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CH-Botschafter Tim Guldimann wird für ungschickte Aussagen scharf kritisiert
veröffentlicht am Mittwoch, 05.03.2014
Basler Zeitung, TagesAnzeiger, Bund, anderen Medien
http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Kritik-an-Topdiplomat-Tim-Guldimann/story/22028313
Alt Botschafter Carlo Jagmetti wirft dem Sondergesandten für die Ukraine ein parteipolitisches Engagement vor.
Der Schweizer Sondergesandte für die Ukraine, Botschafter Tim Guldimann, hat kaum angefangen mit seinem Job als Vermittler beim Konflikt in der Ukraine und muss bereits Kritik einstecken – aus den eigenen Reihen. Der frühere Schweizer Botschafter in den USA, Carlo Jagmetti, hat Paradediplomat Guldimann in einem Leserbrief an die NZZ gehörig die Leviten gelesen.
Der Botschafter in Deutschland und Sonderbeauftragte des Bundespräsidenten für die Ukraine habe trotz seinen nicht ganz unbedeutenden Ämtern Zeit gefunden, vor der Delegiertenversammlung der SP im Zürcher Volkshaus aufzutreten, kritisiert Jagmetti. Und er wirft die Frage auf, ob es für die Schweiz tragbar sei, dass sich einer «unserer wichtigsten Auslandvertreter parteipolitisch so stark exponiere».
Den Ex-Botschafter stört, dass Guldimann bei seinem Auftritt innenpolitisch eine Mitte-Links-Allianz forderte und das Ja zur Zuwanderungsinitiative kritisierte. Laut Jagmetti hat Guldimann dabei erklärt, die Schweiz sei für das Ausland unberechenbar geworden. Guldimann hatte einen deutschen Politiker zitiert, der der Schweiz eine «Parasitenrolle» vorgeworfen hatte. (Anm. der Redaktion: Abschnitt geändert)
EDA nimmt Guldimann in Schutz
Ein alt Botschafter, der in der Öffentlichkeit über einen Kollegen in diesem Ton herzieht, das ist eher ungewöhnlich – auch wenn die beiden parteipolitisch das Heu nicht auf der gleichen Bühne haben. Jagmetti steht der FDP nahe, Guldimann der SP. Wurden hier nebst parteipolitischen Differenzen alte Rechnungen beglichen, wie dies der Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates, Carlo Sommaruga, vermutet? Er spricht von einem alten Groll des früheren Schweizer Botschafters in den USA.
Ob Groll oder nicht, Guldimann polarisiert wie kein anderer Schweizer Diplomat. Burkhalters Sondergesandten eilt zwar der Ruf eines Musterschülers voraus. Aber mit seinen Sololäufen beim Einsatz in Tschetschenien und als Botschafter in Iran hat er sich nicht nur Freunde geschaffen. Er musste dafür auch viel Kritik einstecken. Das war aber lange bevor Didier Burkhalter das Aussendepartement (EDA) übernahm.
Heute ist das vergeben und vergessen und Guldimann der Topdiplomat im Departement Burkhalter. Dieses stellt sich denn auch hinter seinen Botschafter. Guldimann habe das EDA im Voraus über den Auftritt informiert, sagt Informationschef Jean-Marc Crevoisier. Ein Botschafter dürfe, wie jeder andere Bürger auch, als Privatmann seine Meinung zu politischen Themen abgeben.
Für APK-Präsident Sommaruga ist die Geschichte ein Sturm im Wasserglas. Guldimann habe vor seiner Partei die gleiche Position zur Zuwanderungsinitiative vertreten wie der Bundesrat und das Parlament. «Problematischer wäre gewesen, wenn Botschafter Guldimann eine andere Position vertreten hätte», sagt der Genfer. «Interessanter scheint mir die Frage, warum ein alt Botschafter einen noch amtierenden Kollegen kritisiert», sagt FDP-Nationalrätin Doris Fiala (ZH) dazu.
Büchel kritisiert scharf
Andere im Parlament gehen weniger pfleglich mit Guldimann um: «Wenn er sich tatsächlich so geäussert hat, ist er weder für den Job als Botschafter in Deutschland noch für die Vermittlung zwischen der Ukraine und Russland auf der Krim der richtige Mann», findet SVP-Nationalrat Roland Büchel (SG).
Die Schweizer Diplomaten müssten hinter Volksentscheiden stehen und das Land gern haben. Nur so könnten sie sich für die Interessen der Schweiz und für die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland einsetzen.
Er teile die Auffassung von alt Botschafter Jagmetti, sagt CVP-Nationalrat Gerhard Pfister (ZG): «So etwas geht für einen Botschafter absolut nicht.» Dass er die Einladung der SP Zürich angenommen habe, sei seitens Herrn Guldimann wohl ein Fall von Selbstüberschätzung oder falscher Berufsauffassung. In einer direkten Demokratie seien Abstimmungen und Debatten darüber Sache der Parteien, nicht der Diplomaten. (Basler Zeitung)