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Büchel schreibt in der Weltwoche über korrupte Sport-Funktionäre und Lösungen in dieser Sache
veröffentlicht am Donnerstag, 05.01.2012
Weltwoche
Über der Fifa ist nur der Himmel“, sagt Korruptionsspezialist Mark Pieth. Der Fachmann von der Universität Basel war unter dem Druck der Ereignisse vom Weltfussballverband beauftragt worden, ein modernes Führungskonzept zu erarbeiten.
Am 22. Dezember 2011 ist die Fifa wieder irdischer geworden. Das Obergericht in Zug hat entschieden. Es wird die Namen der in Korruptionsverfahren verwickelten Fifa-Funktionäre nicht mehr unter Verschluss halten. Mit dem wegweisenden Entscheid geht ein jahrelanges Seilziehen zu Ende. Bis wenige Tage vor seiner Wiederwahl im vergangen Juni hatte sich auch Fifa-Präsident Sepp Blatter daran beteiligt. Sein Weltwoche-Interview: „In der Fifa gibt es keine Korruption!“ ging um die Welt.
Seit seiner Bestätigung im Amt macht Blatter auf Transparenz und Aufklärung. Jetzt will er sich sogar dem Zuger Verdikt beugen. Seinen engen Vertrauten steht noch der Gang vor das Bundesgericht offen. Gemäss Faktenlage handelt es sich dabei um Fifa-Ehrenpräsident Joao Havelange und dessen Ex-Schwiegersohn Ricardo Teixeira.
Die beiden Brasilianer gehören zu jenen Funktionären, die vom früheren Schweizer Fifa-Partner ISL während Jahren mit über 140 Millionen Franken bestochen worden sind. Diese amtlich dokumentierten Zahlungen und andere Fehlleistungen führten zum monumentalen Bankrott der Sportrechteagentur. Vorher hatte die ISL die internationale Sportvermarktung jahrzehntelang dominiert.
Mit dem Urteil von Zug und dem Rücktritt des 95jährigen Joao Havelange aus dem Internationalen Olympischen Komitee (der Fifa-Patriarch entzog sich damit einem peinlichen Verfahren) gehen die Aufräumarbeiten der ISL-Pleite und des 37 Jahre dauernden Regimes von Havelange und Blatter dem Ende entgegen.
Diese Zeit war gleichermassen vom Aufstieg des Fussballs wie von Schwarzzahlungen, Tarnfirmen, Korruption und Nepotismus gekennzeichnet. Offiziell mag sich Sepp Blatter dem Reinemachen neu nicht mehr entgegenstellen.
Leider leuchtet Spezialist Pieth die Dunkelkammer der Fifa nicht aus. Er will von einem solchen Auftrag nichts wissen und befasst sich nur mit den neuen Führungsinstrumenten. Das Erhellen düsterer Vorgänge haben in den vergangenen Jahren einige aufsässige Journalisten übernommen. Mit ihnen ist Pieth immerhin in Kontakt getreten.
Mitte Dezember hat Sepp Blatter den Fahrplan Richtung Erneuerung als grossen Schritt gefeiert – obwohl sich die Fifa für das neue Führungskonzept bis mindestens ins Jahr 2013 Zeit gibt. Eine ähnlich gemächliche Gangart machte sich auch das Bundesamt für Sport zu eigen. Der Report zur Korruption im Sport wurde mit Hilfe des Ständerats auf Ende 2012 verschoben. Wegen angeblicher Überlastung der Staatsangestellten. Zuvor hatte der Nationalrat eine Motion des Schreibenden überwiesen. „Bericht per Ende 2011 fertigstellen“ hiess der einstimmige Auftrag.
Die Geruhsamkeit der Beamten steht im Kontrast zu den Daumenschrauben, welche die Schweizer Politik den Finanzinstituten fast schon im Wochenrhythmus anlegt. In einem weit komplexeren Umfeld reagieren die Banken auf die neuen Gegebenheiten. Und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Sie haben, nebenbei, volkswirtschaftlich ein ungleich höheres Gewicht für unser Land als die weitgehend steuerbefreiten Sportverbände.
Neben der Fifa sind auch das IOC und andere olympische Sportverbände immer wieder von Korruptionsaffären geplagt. Als die Fifa bei der WM-Vergabe an Russland und Katar einmal mehr ins Schussfeld der Kritik – vor allem der angelsächsischen Länder – geriet, stöhnten besorgte Experten über deren rufschädigenden Einfluss auf die Schweiz.
Als Folge der zahlreichen Unregelmässigkeiten wächst der Rechtfertigungsdruck der Sportverbände gegenüber den europäischen Behörden. Auch den Promotoren von Olympischen Winterspielen in der Schweiz kann es nicht egal sein, wie viele korruptionsbeschädigte IOC-Mitglieder über die Vergabe der Spiele entscheiden. Sollen die Steuermillionen in ein perfektes Dossier investiert oder in die tiefen Taschen der Funktionäre gesteckt werden? Das ist die Frage.
Die ehemals verfemten „Gnomen von Zürich“ sitzen nicht mehr am Paradeplatz. Sondern auf dem Zürichberg und am Genfersee. Dort haben sich an der Schulter des IOC Dutzende internationale Sportverbände installiert. Der Nationalrat war bereit, an deren Eigenverantwortung zu glauben und darauf zu setzen. Hätten sie diese wahrgenommen; die Politik könnte problemlos auf gesetzliche Interventionen verzichten.
Die Frist für Lösungen ist an Silvester 2011 abgelaufen. Entweder werden die „Fahrpläne“ der Organisationen massiv beschleunigt und die Selbstregulierung beginnt per sofort zu funktionieren. Oder die Schweizer Politik muss sich mit den Geschäftspraktiken der internationalen Sportverbände mit Nachdruck befassen und die Korruption im Sport härteren Sanktionen unterstellen.