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Fifa-Vizepräsident hortet zweistellige Millionensumme auf Kantonalbank-Tochter (Büchel-Interview in Deutschland)
veröffentlicht am Samstag, 12.11.2011
Deutschlandfunk
Lesen Sie hier die Textversion mit Ausschnitten aus dem heutigen Interview von Jens Weinreich mit "dem Schweizer Abgeordneten" Roland Rino Büchel:
Die Strafsache 228078/2011 hat es in sich. Es geht um – bislang – mehr als 72 Millionen Dollar, die der Erste FIFA-Vizepräsident Julio Grondona mit seinen Verbündeten und Kindern auf einem Dutzend Auslandskonten gehortet hat. Es sind vor allem Konten in der Schweiz, dort wo der Weltverband FIFA seinen Hauptsitz hat.
In Schreiben, die dem Deutschlandfunk vorliegen, haben sowohl die Staatsanwältin als auch die argentinische Behörde zur Aufklärung für Finanzverbrechen die Richter aufgefordert, Rechtshilfeersuchen an die Schweiz, die USA und andere Länder zu stellen. Außerdem verlangt einer der beteiligten Anwälte, die Steuererklärungen und sämtliche Geschäftsdaten Grondonas der vergangenen zehn Jahre einzuziehen. Es geht um Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Betrug in großem Stil.
Für die FIFA aber ist dieser Fall, der in Argentinien seit etlichen Wochen Schlagzeilen macht und sich nun juristisch zuspitzt, bislang nicht existent. Der Gipfel der Absurditäten: Grondona zählte vor drei Wochen zu jenen Mitgliedern des Exekutivkomitees, die das angebliche Reformpaket einstimmig absegneten. Die FIFA schützt Familienmitglieder wie Grondona stets. Und selbst wenn, wie an vielen anderen Fällen belegbar, die Beweise erdrückend sind, wird nichts unternommen – höchstens mal Schweigegeld gezahlt, gemeinsam mit den Betrügern. Wie im ISL-Korruptionsskandal, als FIFA und die Funktionäre in zwei Fällen insgesamt 8 Millionen Schweizer Franken für Korruptionsverdunklungsverträge überwiesen haben.
Der Nationalrat Roland Büchel von der SVP, der seit langem die dunklen Geschäfte der FIFA aufzuklären versucht, ist entsetzt:
"Grondona ist ja nicht irgendeiner, der irgendwie ein bisschen korrupt ist. Grondona ist der Erste Vizepräsident und der Finanzchef der FIFA und damit mindestens die Nummer zwei oder drei. Man muss jetzt wirklich, wirklich verlangen, dass die transparent werden - und nicht versprechen, transparent zu werden. Ich bin jetzt schon überrascht, dass diese neue Summe zum Vorschein kommt.
Bis jetzt hat man ja von vielen gehört, die nachweislich korrupt sind. Niemand kann annehmen, dass diese Dutzenden von Millionen sauberes Geld sind. Und dass dieses Geld in der Schweiz versteckt ist, das freut einen Schweizer Abgeordneten natürlich nicht. Das können sie sich ja vorstellen."
Der 80 Jahre alte Grondona führt seit 1979 den argentinischen Verband AFA und wurde kürzlich bis 2015 wieder gewählt – trotz der erdrückenden Vorwürfe. Seit 1988 gehört er dem FIFA-Exekutivkomitee an.
Grondona behauptet von sich, er sei mächtiger als jeder argentinische Präsident. Bisher hat er tatsächlich alle Skandale und dreckigen Geschäfte bestens überstanden. Es gibt eigentlich nichts, was man ihm noch nicht vorgeworfen hat. Über zahlreiche Firmen beherrscht er den Fußballmarkt in Südamerika, zu jenen Firmen zählt auch ein Überbleibsel der ISL-Gruppe, die Top-Funktionäre in FIFA und IOC einst nachweislich mit mehr als 141 Millionen Franken geschmiert hat.
FIFA-Präsident Blatter, der in der ISL-Sache immer stärker unter Druck geriet, versprach im Oktober, die Einstellungsverfügung der Schweizer Staatsanwaltschaft offenzulegen, in der die Namen von korrupten Funktionären genannt sind. Rückendeckung erhielt er von einer Vertreterin von Transparency International, die Blatter als seine "Beraterin" bezeichnet, von der Deutschen Sylvia Schenk.
Roland Büchel sagt dazu:
"Ich war überrascht, wie naiv die darauf eingestiegen sind - und was die der FIFA geglaubt haben in diesem Zusammenhang. Die FIFA hätte, wenn sie wollte, die Papiere sofort präsentieren und jederzeit sagen können, wer korrupt ist im Fall ISL.
Das haben sie nicht gemacht. Sie werden sich jetzt um zwei Jahre hinaus retten. Das nützt überhaupt nichts. Da muss sofort Transparenz auf dem Tisch. Sonst müssen sie Probleme bekommen in der Schweiz. Denn die Schweiz hat eine spezielle Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die sauber arbeiten. Für den Sport -aber auch für den Ruf unseres Landes."
Der aktuelle Auslöser im Fall Grondona ist die Vertragsbrüchigkeit des AFA-Präsidenten mit der Firma TyC, die lange Jahre die TV-Rechte am argentinischen Fußball vermarktet hat und Grondona gemäß Aktenlage auch geschmiert hat.
Seine ehemaligen Kompagnons rächen sich nun und machen atemraubende Dokumente öffentlich. Grondona und sein Kumpel Eduardo de Luca, Generalsekretär des südamerikanischen Verbandes CONMEBOL, wurden von einem Team mit versteckter Kamera gefilmt. Zwei Privatsender haben Teile der Videos ausgestrahlt. Da sagt der Erste FIFA-Vizepräsident also zu zwei seiner ehemaligen Geschäftspartner und heutigen Rivalen:
"Wenn ich die beiden umbringen kann, werde ich sie umbringen."
So geht es zu unter höchsten FIFA-Funktionären, die märchenhafte Reichtümer anhäufen.
Der Fall birgt viele brisante Fragen: Wie wurden die Schwarzkonten des Grondona-Clans gefüllt? Wer hat wofür die Millionen überwiesen? Gingen auf den Konten auch Zahlungen der ISL und der FIFA ein?
Dass Grondona über weitere Millionenkonten in anderen Ländern verfügt, darf angenommen werden. Er soll schließlich auch gemeinsam mit Brasiliens Verbandschef Ricardo Teixeira - FIFA-Exekutivmitglied, ISL-Schmiergeldempfänger und WM-Organisationschef 2014 – an der berüchtigten Firma Traffic beteiligt sein. Diese Figuren haben über Jahrzehnte mit Milliardensummen gedealt.
Angeblich wurde Grondona sowohl von den erfolgreichen WM-Bewerbern aus Russland als auch Katar bezahlt.
Über eine seiner Firmen, Rotamund, dealt Grondona seit Ewigkeiten natürlich auch mit Tickets für Fußball-Weltmeisterschaften und sündhaft teuren Reisepaketen.
Dutzende Firmen kannte man bereits, nun kommen neue dazu, wie aus den Angaben zu den Schwarzkonten ersichtlich ist. Allein auf die "Kellog Development", für die er selbst, sein Sohn Humberto und seine Tochter Liliana eingeschrieben sind, unterhält Konten, die mit mehr als 60 Millionen Dollar gefüllt sind.
Es sind die üblichen Banken, die man auch aus anderen Ganovenstücken kennt: die UBS, die Centrum Bank, die Citibank – hochinteressant für den Schweizer Nationalrat Roland Büchel ist dabei die Hyposwiss Privatbank AG, denn die befindet sich in öffentlicher Hand.
Natürlich fordert Büchel restlose Aufklärung des Firmengeflechts Grondona. Und er sieht den Weltverband FIFA in der Pflicht.
"Am besten geht das ja, wenn die FIFA und Herr Grondona das offenlegen und man da nicht große Untersuchungen machen muss. Sonst riskiert die FIFA, dass noch ziemlich vieles zum Vorschein kommt. Wenn sie das Risiko nehmen wollen, dann ist das möglich. Vergessen sie eines nicht: Die Hyposwiss, also eine der betroffenen Banken, gehört der St. Galler Kantonalbank. Das ist eine Staatsbank, eine öffentliche Bank, die vom St. Galler Volk getragen wird. Und die gibt ja sogar eine Staatsgarantie ab.
Wenn also der Herr Grondona aus den vielen Millionen Geld verlieren würde, da müsste schlussendlich auch der kleine Schweizer Steuerzahler und Arbeiter das garantieren. Und das kann es ja nicht sein. Da werden vor allem im Kanton St. Gallen Vorstöße laufen müssen, damit definitiv abgeklärt wird, ob das sauber ist oder nicht. Ich werde dafür sorgen, dass das passiert."