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Schengen-Aussengrenze Schweiz/Liechtenstein

veröffentlicht am Freitag, 12.12.2008 18.10 Uhr

TV Rheintal (Bericht zu den drei Vorstössen)


Die neue "Schengen-Aussengrenze Schweiz/Liechtenstein". Hier der Beitrag auf "TV Rheintal" und meine Fragen an die St. Galler Regierung:

Schengen-Aussengrenze Schweiz/Liechtenstein - TV Rheintal
Schengen-Aussengrenze Schweiz/Liechtenstein



Neue „Schengen-Aussengrenze Schweiz/Liechtenstein“ mit der Schweiz als Erfüllungsgehilfin der EU. Wer macht was? Wer bezahlt was?

Am 27. November 2008 wurde in Brüssel vom Rat der EU Folgenschweres entschieden: Die „Assoziierungsabkommen der Schweiz an Schengen und Dublin“ waren präzis um Mitternacht vom 11. auf den 12. Dezember in Kraft zu setzen. Damit sollen Grenzen abgebaut werden. Für den Kanton St. Gallen hat der Begriff „Schengen“ jedoch eine andere Bedeutung: Eine neue Grenze musste geschaffen werden, obwohl das keiner der Betroffenen will.

Beim Wort "Schengen-Aussengrenzen" dachte man bis anhin an die weiten Wälder im Osten, welche die schwer kontrollierbare Grenze zwischen Polen und Weissrussland bilden. Oder es kamen Bilder vom italienischen und spanischen Süden auf, wo Küstenwachen die "Aussengrenzen Europas" gegen den Menschenschmuggel aus Nordafrika abzusichern versuchen.

Seit dem heutigen 12. Dezember 2008 haben wir die „Schengen-Aussengrenze“ vor unserer Haustüre: Der Kanton St. Gallen ist mit 27,1 der insgesamt 41.1 Kilometer Grenzlänge zwischen der Schweiz und Liechtenstein von der Ausgrenzung unserer Nachbarn direkt betroffen.

Während mehr als drei Menschengenerationen hat es zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein weder Personen- noch Warenkontrollen gegeben. Das ist seit heute vorbei. Die Bevölkerung muss neu überwacht und schikaniert werden. Weil es die EU so will.

Was zwischen der Schweiz und Liechtenstein neu gilt, ist auch für Oberzolldirektor Rudolf Dietrich absurd. –  "Weshalb wir jetzt ausgerechnet mit Schengen, das doch den Grenzübertritt von Personen beschleunigen sollte, den Grenzübertritt nach Liechtenstein de facto vorübergehend erschweren, ist unverständlich." Zudem sei das alles sehr aufwendig und koste viel mehr, als man bisher je an dieser Grenze ausgegeben habe "und das alles nur für die Übergangszeit, bis Liechtenstein ebenso assoziiert ist im Schengenraum wie wir.“

Anfangs Dezember informierte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement über den Rahmenvertrag mit Liechtenstein. Dieser  regelt auch „die Übertragung von bestimmten polizeilichen Aufgaben an das schweizerische Grenzwachtkorps im liechtensteinischen Grenzraum“. – Wer den Titel der Information des Bundes liest, stellt fest, dass der Kanton St. Gallen einen Teil seiner Polizeihoheit abzugeben hat.

Der Kanton St. Gallen zudem ist gezwungen, in dieser Situation aufgrund von Vorgaben aus Brüssel und Bern zusätzliche finanzielle Mittel auszugeben.

Aufgrund dieser Ausgangslage stelle ich der St. Galler Regierung die folgenden Fragen:

  1. Die bis anhin nur virtuell vorhandene Grenze zwischen der Schweiz und Liechtenstein wird nun systematisch mit 24-Stunden-Patrouillen und Video-Kameras überwacht. Erachtet die St. Galler Regierung diese aufgezwungenen EU-Vorgaben und Rundumüberwachung nach „Big-Brother-Manier“ auch als sinnlos?
  2. Wie hoch sind die Investitionskosten (Installation der Kameras, Kauf von High-Tech-Material, etc.)?
  3. Wie hoch ist der zusätzliche Personal- und Sachaufwand? Wird dieser nach Abschluss der absurden Übung wieder reduziert?
  4. Wie werden die Gesamtkosten zwischen Kanton, Bund, den Nachbarstaaten Liechtenstein und Österreich, der EU oder anderen Kostenträgern aufgeteilt?
  5. Welches sind die „bestimmten polizeilichen Aufgaben gemäss Rahmenvertrag Schweiz/Liechtenstein“, die der Bund gemäss EJPD anstelle des Kantons St. Gallen übernehmen wird?
  6. Als Antwort auf die Interpellation 51.04.81 stellte die Regierung unmissverständlich klar, wer bei uns im Sicherheitsbereich das Sagen hat: „Ein Raum, eine Aufgabe, eine Führung.“ – Ist das immer noch so, und ist das Grenzwachtkorps auch gemäss Rahmenvertrag Schweiz/Liechtenstein eine dem Kommando der St. Galler Kantonspolizei untergeordnete Organisation ohne Ermittlungskompetenzen?
  7. Sind die Aufgabenbereiche der verschiedenen Sicherheitsbehörden in den drei Staaten Schweiz, Liechtenstein und Österreich klar geregelt und sinnvoll voneinander abgegrenzt?



Neue Schengen-Aussengrenze mit Liechtenstein – sind die schweren staatlichen Eingriffe in das Leben der Menschen im Alpenrheintal für den Schweizer EU-Botschafter ohne Bedeutung?

Beim Begriff "Schengen-Aussengrenze" denkt der Schweizer EU-Botschafter wohl an die weiten Wälder im Osten, welche die schwer kontrollierbare Grenze zwischen Polen und Weissrussland bilden. Oder es kommen Bilder vom italienischen und spanischen Süden auf, wo Küstenwachen die "Aussengrenzen Europas" gegen den Menschenschmuggel aus Nordafrika abzusichern versuchen. – Damit liegt unser Mann in Brüssel nur teilweise richtig.

Seit heute gibt es die real existierende „Schengen-Aussengrenze Schweiz/Liechtenstein“; 24-Stunden-Patrouillen, Videoüberwachung aller Grenzübergänge und High-Tech-Überwachungszentrum Schaanwald inklusive. Was war bisher? Zwischen den beiden befreundeten Staaten hat es seit mehr als drei Menschengenerationen keine Personen- und Warenkontrollen mehr gegeben.

Am 4. Dezember 2008, gut eine Woche vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen zur „Schengen-Aussengrenze Schweiz/Liechtenstein“, konzedierte unser Mann in Brüssel ein ganzseitiges Interview. Und zwar dem „Werdenbeger & Obertoggenburger“, einer Zeitung aus unserer Region. Der Schweizer EU-Botschafter Jacques de Watteville gab Erstaunliches zu Protokoll. Er argumentierte wie ein Interessenvertreter der EU und nicht wie ein Repräsentant der Eidgenossenschaft.

Die neu geschaffene Schengen-Aussengrenze zwischen der Schweiz und Liechtenstein erwähnt er im Interview mit keinem Wort. Dafür sagt er:

Erstens: „Die Schweiz bildet keine Aussengrenze mehr, sie ist nun Teil des gleichen Sicherheitsraums wie ihre Nachbarstaaten.“ – Kein Wort zum Nachbarn Liechtenstein und der neuen „Schengen-Aussengrenze“.

Zweitens: „Für die Bürger bringt der Schengen-Beitritt mehr Bewegungsfreiheit. In der Praxis wird es allerdings keine grossen Änderungen geben; an den Landesgrenzen gab es schon bis anhin keine systematischen Kontrollen mehr.“ – Zwischen der Schweiz und dem Liechtenstein ist die Lage genau umgekehrt: keine Grenze bisher, dafür neu eine „Schengen-Aussengrenze“. Der Botschafter führt dies nicht an.

Drittens: „Der Schengen-Beitritt ist positiv für den Tourismus. So können jetzt beispielsweise Reisende aus China oder Russland mit einem Schengen-Visum auch die Schweiz besuchen.“ – Unser Vertreter in Brüssel erwähnt aber nicht, dass gemäss Auskunft des Postenchefs der Zentrale Schaanwald 2200 Bewohner nun eigens ein Visum brauchen, wenn sie sich kurz über den Rhein in den Kanton St. Gallen bewegen wollen. Es handelt sich dabei um Menschen, welche meist schon seit Jahren in Liechtenstein wohnen.

Offensichtlich denkt der ranghohe Diplomat nicht an die Menschen in Liechtenstein und im angrenzenden Kanton St. Gallen. Oder unser EU-Botschafter rechnet Liechtenstein nicht zu unseren Nachbarstaaten.

Klärung tut Not. Im Interesse der Bevölkerung des Kantons St. Gallen, des Liechtensteins und auch des angrenzenden Vorarlbergs bitte ich die Regierung, die folgenden Fragen zur neuen, sinnlosen „Schengen-Aussengrenze“ im Alpenrheintal zu beantworten:

  1. Wie und wann klärt die St. Galler Regierung den Schweizer EU-Botschafter auf, dass das Fürstentum Liechtenstein einer von fünf Nachbarstaaten der Schweiz ist?
  2. Wie viele Menschen überqueren täglich die Grenze zwischen der Schweiz und Liechtenstein? Wie viele davon sind Arbeits-Pendler?
  3. Ist es für die Regierung haltbar, dass jeder 16. Einwohner Liechtensteins neu einem Visumszwang durch die EU-Staaten unterliegt, wenn er über den Rhein in den Kanton St. Gallen will?
  4. Unterstehen auch Kürzestbesuche (Spaziergang, täglicher Einkauf, Sportveranstaltung, Besuch eines Familiengehörigen) dieser Visumspflicht?
  5. Wie und durch wen werden die Visa der „Drittstaatenausländer“ mit Wohnsitz in Liechtenstein kontrolliert? Können diese Massnahmen auch zu unnötigen Belästigungen für nicht visumspflichtige Bewohner und Besucher Liechtensteins führen?

 

Die EU-Drohgebärden gegen Liechtenstein und das Schweizer Stimmvolk haben eine massive Auswirkung auf das Leben der Menschen

Brüssel zeigt sein wahres Gesicht: In diesen Tagen sind höchste EU-Repräsentanten in ihrem Verhalten gegenüber der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein klar zu weit gegangen. Dies, obwohl sich Bundesbern gehorsam bereit erklärt hat, auf Verlangen der EU einen grossen Teil der Bevölkerung auf beiden Seiten des Alpenrheintals zu schikanieren: Zwischen der Schweiz und Liechtenstein wurde auf Befehl der EU eine „Schengen-Aussengrenze“ errichtet, gültig ab heute.

In der sehr sachlichen Berichterstattung zur neuen „Schengen-Aussengrenze“ zwischen der Schweiz und Liechtenstein schreibt das „St. Galler Tagblatt“:

a) „Mit der Inbetriebnahme von Video-Überwachungsanlagen an den schweizerisch-liechtensteinischen Grenzübergängen am Rhein und am Übergang Luziensteig, durch gemeinsame Lageanalysen der Polizei- und Grenzwachtorgane und mit dem Einsatz mobiler Kontrollen im grenznahen Raum der Schweiz erfüllen das Fürstentum Liechtenstein und die Schweiz die Vorgaben der EU.“ – Die grosse Union verlangt Gehorsam von den beiden Kleinstaaten.

b) „Anlass für den vorübergehenden speziellen Aufwand an der Grenze zwischen der Schweiz und Liechtenstein ist der unterschiedliche Beitritt der beiden Länder zum Schengen-Abkommen. Liechtenstein hat zwar das Übereinkommen bereits am 28. Februar unterzeichnet, doch zögert sich der Ratifikationsprozess in den EU-Staaten hinaus, weil dem Vernehmen nach einzelne Länder den Druck auf Liechtenstein (...) verstärken wollen.“

Auch die Aussagen des EU-Justiz-Kommissars sind erstaunlich. Der Franzose Jacques Barrot konstruiert eine Verknüpfung zwischen der Implementierung von Schengen und der eidgenössischen Volksabstimmung zur Personenfreizügigkeit vom 8. Februar 2009. Mit mindestens zwei Aussagen unterstreicht er sein gestörtes Verhältnis (oder seine Unkenntnis) in Bezug auf unsere Demokratie und die realen Verhältnisse an den Schweizer Grenzen.

a) Selbstverständlich wolle er die kleine Schweiz nicht nötigen und den Schweizern nicht drohen, aber „es gäbe wirklich ein Problem der Vereinbarkeit eines negativen Abstimmungsergebnisses und des Schengenbeitritts“. Längerfristig wäre dann die Schweizer Schengen-Mitgliedschaft in Frage gestellt.

b) „Man kann nicht Barrieren aufheben und gleichzeitig andere schaffen.“ (Das Trauerspiel, welches die EU zu genau diesem Thema mit Liechtenstein und dessen Ausgrenzung veranstaltet, liess Barrot unerwähnt.)

Aufgrund des schikanösen Verhaltens der EU gegen die Liechtensteiner Bevölkerung, aber auch wegen der EU-Drohungen gegen einen Entscheid, den das Schweizer Volk am 8. Februar 2009 souverän zu fällen hat, stelle ich die folgenden Fragen: 

  1. Ist der Regierung bekannt, welche EU-Staaten das Fürstentum Liechtenstein auf eine beschämende Art unter Druck setzen wollen?
  2. Wann und in welcher Form reagiert St. Gallen auf die Druckversuche aus Brüssel, welche sich auch auf das Leben unserer Bevölkerung im Grenzgebiet auswirken?
  3. Gibt es in dieser Sache ein gemeinsames Vorgehen mit den Behörden des Liechtensteins und des Landes Vorarlberg?

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